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Zeitungen, ein halb ausgepackter Schoko-Nikolaus und ein Adventskalender

Wie kommt Mineralöl in die Schokolade?

Mineralölbestandteile in recyceltem Papier und Karton, die in verpackte Lebensmittel übergehen können, sind in der Diskussion. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) reagierte darauf, indem es diese Fragestellung über das Umweltbundesamt als Forschungsthema ausschrieb. Das spannende Projekt ist beendet, und wir blicken zurück auf eine langjährige und erfolgreiche Forschungsarbeit.

Abschlussbericht

Hintergrund: Wie kam es zu diesem Projekt?

Der Aufschrei unter Schoko-Fans war groß, als vermeintlich gesundheitsgefährdendes Mineralöl in Schokolade aus Adventskalendern gefunden wurde. „Stiftung Warentest“ hatte im Herbst 2012 darüber berichtet. Der vermeintlich Hauptschuldige für diese Belastung war schnell ausgemacht: die Verpackung. Die Kartonagen werden aus Altpapier hergestellt und enthalten damit Reste von minderölhaltigen (Zeitungs-) Druckfarben, die direkt oder über die Luft in die Lebensmittel gelangen, so die Begründung. Auch die Verbraucherplattform „Foodwatch“ sprach in den Folgejahren mehrfach Warnungen aus. Denn nicht nur in Schokolade, sondern auch in vielen anderen Lebensmitteln, z. B. Babynahrung, zeigten Tests positive Ergebnisse.

Auch wenn in der Wissenschaft keine Einigkeit darüber herrscht, ob die geringe Menge an Mineralöl tatsächlich gesundheitsgefährdend ist und welche unterschiedlichen Eintragsquellen (z. B. Sisal-/Jutesäcke und Erntemaschinen) existieren, trat das Umweltbundesamt an die Fogra heran, um im Rahmen eines Forschungsprojektes die Weiterentwicklung von mineralölfreien Druckfarben zu begleiten und deren Praxistauglichkeit im Zeitungsdruck prüfen zu lassen.

Projektstart: Ziele definieren

Das Projekt startete im Jahr 2016 mit der Aufgabe, mineralölfreie Druckfarben für den Zeitungsdruck neu zu entwickeln (solche Druckfarben gab es hierfür bisher nicht!) und sowohl im Labor als auch in der Praxis zu testen. Entscheidend dabei ist, dass die Druckfarben auch bei einem realen Dauereinsatz in Zeitungsdruckereien ohne drucktechnische Probleme oder Qualitätseinbußen verwendet werden können.

Bedingungen: Praxis- und Recyclingtauglichkeit

Im Rahmen des Projektes sollten zwei mineralölfreie bzw. -optimierte Farbsysteme für den Zeitungsdruck entwickelt und sowohl im Labor als auch an der Druckmaschine geprüft werden. Die oberste Priorität bestand darin, dass die Praxistauglichkeit beim Dauereinsatz in Druckereien unter Einhaltung existierender Qualitätsansprüche gewährleistet ist. Die Bedingung bei der Farbformulierung war, dass die Druckfarben grundsätzlich konform zum Umweltzeichen „Blauer Engel“ sind. Als Folge soll der Eintrag von Mineralölen in den Recyclingprozess von Papier langfristig vermindert werden. Damit einher geht, dass sich die mit den neuartigen Druckfarben hergestellten Zeitungen deinken und damit recyceln lassen, und so den Altpapierstrom nicht gefährden. Weiterhin erfolgten Mineralölgehaltsbestimmungen nach der BfR-Methode, um später bei Stichproben im Feld die zu erwartenden Mineralölgehalte zu kennen.

vier Eimer mit Druckfarben

Das A und O: Erfolgreiche Partnerschaft

Für die praxisorientierte Umsetzung des im Dezember 2020 abgeschlossenen Forschungsvorhabens waren verlässliche Partner für die Fogra unentbehrlich. Daher arbeiteten wir in diesem Projekt mit mehreren Druckfarbenherstellern und der Frankfurter Societäts-Druckerei (FSD) zusammen. Auch das Sächsisches Institut für die Druckindustrie (SID) und der Kartonhersteller Moritz J. Weig sowie das Fachgebiet Papierfabrikation und Mechanische Verfahrenstechnik (PMV) der TU Darmstadt unterstützen das Vorhaben.

Nachhaltig erforscht: Langzeitdruckversuche

Für erste Druckversuche mit neuen mineralölfreien Zeitungsdruckfarben mussten zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Materialverträglichkeit, v. a. mit den Walzenmaterialien, sowie drucktechnische Eignung.

Zu Beginn des Projektes wurden die Druckfarben entwickelt und in Labor- sowie kurzen Druckversuchen — sowohl an der Bogenoffsetmaschine der Fogra als auch in der FSD — hinsichtlich der notwendigen Kriterien getestet. Wie so oft bei Neuentwicklungen war ein mehrfaches „Nacharbeiten“ notwendig. Letztlich konnten zwei Druckfarbenhersteller jeweils einen Druckfarbensatz erfolgreich präsentieren. Beide Farbserien erfüllten die Anforderungen, so dass im Juli 2018 der erste Langzeitversuch starten konnte. Im Rahmen dieser Versuche sollten reale Zeitungen produktionsbegleitend und mit jedem Druckfarbensatz über einen Zeitraum von jeweils drei Monaten in der FSD gedruckt werden.

 

In den Folgemonaten mussten die Durchversuche mehrfach abgebrochen werden, da die Druckfarben sich über die Zeit veränderten und die geforderte Druckqualität und ein problemloser Ablauf während des Drucks nicht einzuhalten waren. Auch in diesem Stadium waren Nachbesserungen notwendig. Parallel zu den Druckversuchen wurden immer wieder Proben entnommen und auf deren Deinkbarkeit und Mineralölgehalte hin untersucht. Während einer dreimonatigen Periode mit einer mineralölfreien Druckfarbenserie konnte der Austrag des Mineralöls von vorherigen Druckfarben aus der Druckmaschine gezeigt werden. Zum Ende des Projekts konnten beide Druckfarbenserien zum Einsatz gebracht werden, ohne die Versuche aus drucktechischen Gründen vorzeitig beenden zu müssen.

Projektabschluss: Mineralölfreie Zeitungsdruckfarben

Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden praxistaugliche, mineralölfreie Zeitungsdruckfarben entwickelt. Aufgrund von Bestrebungen, z. B. in der EU, mineralölfreie Druckfarben verbindlich vorzuschreiben, wächst der Bedarf an entsprechenden Coldset-Farben. Die Fogra hat sich diesem Thema also schon frühzeitig angenommen, um Druckfarbenhersteller unterstützen zu können. „Vorbereitet sein“ lautet die Devise.

Gerade in diesem Projekt haben viele Akteure entscheidend zum Erfolg beigetragen: Vertreter aller wichtigen Verbände, Drucker, Farbhersteller, Zulieferer und das Umweltbundesamt. Die konstruktiven Diskussionen waren ein entscheidender Baustein für das Projekt, das mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen werden konnte. Unser großer Dank gilt allen Beteiligten.

Abschlussbericht